Religionsgemeinschaften und Staat - ein dynamisches Spannungsverhältnis
Sinn und Grenzen von staatlichen Beiträge an die anerkannten Religionsgemeinschaften
Rede von Erich Vontobel, Kantonsrat, Wolfhausen, zu KR-Nr. 4927a
Sehr geehrte Damen und Herren
Die EDU anerkennt die Tatsache, dass mit den Kostenbeiträgen an die anerkannten Religionsgemeinschaften Gutes getan wird; dass das Geld dort sogar eine Hebelwirkung hat und dank Freiwilligenarbeit wertmässig am Schluss mehr rauskommt, als reingesteckt worden ist.
Es ist allerdings fraglich, ob es sinnvoll ist, den anerkannten Religionsgemeinschaften für diesen Zweck eine derartige Monopolstellung zukommen zu lassen. Soziale Projekte könnten auch ohne Umweg über die besagten Religionsgemeinschaften unterstützt werden. Freiwilligenarbeit wird auch andernorts geleistet.
Es wird oft gesagt, dass Staat und Wirtschaft von Werten lebten, die sie nicht schaffen könnten. Will heissen, es braucht die Kirche, um diese Werte zu schaffen. Das ist bestimmt so, wobei weniger die sozialen Projekte dazu beitragen als vielmehr die Kernaufgabe der Kirche, nämlich die Verkündigung des Wortes Gottes.
Es waren nicht soziale Projekte, die nach der Reformation in Nordeuropa die Basis für Soziologie und Rechtsprechung gelegt haben, sondern letztlich die 10 Gebote aus der Bibel. Ich verweise dazu auf das Bild von Paul Robert mit dem Titel "Die Gerechtigkeit erhöht die Völker", welches im Bundesgericht Lausanne hängt. Justitia zeigt auf diesem Bild mit ihrem Schwert nach unten auf ein Buch, und auf dem Buch steht geschrieben: "Das Gesetz Gottes". Darum muss es in der Kirche primär gehen.
Langfristig gesehen wird es richtig sein, das Verhältnis von Kirche und Staat neu zu hinterfragen und zu regeln. Die EDU ist für eine Entflechtung und damit für eine Trennung von Kirche und Staat. Doch diese Trennung muss gut überlegt und vorbereitet werden. Es geht nicht an, dass man heute in diesem Rat den Religionsgemeinschaften einfach den Geldhahn zudreht. Auch nicht stufenweise über die Jahre 2014 bis 2019, wie es die SVP fordert. Das wäre unfair und unweise. Was über Jahrhunderte gewachsen ist, lässt sich nicht mit einer derartigen Hauruckübung erledigen.
Vor diesem Hintergrund unterstützt die EDU den Rahmenkredit für die Jahre 2014 bis 2019. Das darf aber nicht dahingehend verstanden werden, dass sich dann der Geldsegen nach 6 Jahren automatisch - wie ein Abonnement - verlängert. Man muss die Situation zur gegebenen Zeit neu beurteilen und parallel dazu die Entflechtung von Kirche und Staat vorantreiben.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Ja, aber ... zu den Kirchensteuern der juristischen Personen an die anerkannten religiösen Gemeinschaften
Rede von Erich Vontobel, Kantonsrat, Wolfhausen, zu KR-Nr. 4937a
Sehr geehrte Damen und Herren
Die EDU bedankt sich bei Regierung und GPK für die ausführlichen Berichte und bei den drei anerkannten kirchlichen Körperschaften, sowie den beiden anerkannten jüdischen Gemeinden, für ihre vertrauensbildende Offenheit. Ihre Jahresberichte 2011 haben keinen Anlass zu Kritik gegeben. Ebenso der Nachweis der Einhaltung der negativen Zweckbindung der Kirchensteuern der juristischen Personen. Er konnte von den anerkannten kirchlichen Körperschaften fürs Jahr 2011 problemlos erbracht werden.
Nun, es ist unbestritten, dass diese Kirchen und Gemeinschaften einen sehr wertvollen Dienst zugunsten unserer Gesellschaft tun. Das ist einer der Gründe, weshalb sie die staatliche Anerkennung inklusive Privilegien haben. Vor diesem Hintergrund ist es im Zusammenhang mit dieser Vorlage aber auch wichtig, immer wieder zu prüfen, ob der staatlich verordnete Geldsegen zulasten der Firmen am richtigen Ort ankommt und dort bleibt, bzw. die gewünschte Wirkung hat.
Bei Kirchen, die eine duale Struktur haben, muss sichergestellt sein, dass die Steuergelder im Kanton Zürich bleiben. Bei Kirchen, die einen permanenten Mitgliederschwund, bzw. einen Schwund aktiver Mitglieder, haben, muss ehrlicherweise von Zeit zu Zeit überprüft werden, ob sie mit ihrer Crew wirklich noch in der Lage sind, die ursprünglich berechneten Leistungen im nichtkultischen Bereich zu erbringen. Wenn nicht, müssten entsprechende Anpassungen am System vorgenommen und gewisse Leistungen von anderer Seite erbracht werden.
Es gibt ja im Kanton Zürich auch andere Organisationen, die auf Basis der Freiwilligenarbeit sehr viel Gutes tun. Nicht zuletzt auch die Freikirchen, die sich nota bene selber finanzieren.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.