Alarmierend viele Junge sind psychisch krank
Immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene können ihr Leben wegen psychischen Störungen nicht mehr bewältigen bis hin zu IV-Bezügen. Es scheint, dass manche «Errungenschaften» unserer Gesellschaft nicht förderlich für die Entwicklung hin zu lebenstüchtigen Erwachsenen sind.
Lisa Leisi, Präsidentin EDU Kanton St. Gallen
Sicher gibt es nicht DIE Ursache. Die Umstände können sehr unterschiedlich und komplex sein, die etwa zu Depressionen, Essstörungen – insbesondere bei Mädchen – und Versagensängsten führen. Umso erstaunlicher ist die Aussage einer Lehrerin am Ebin-Gymnasium in Israel: «Die Jugendlichen in Israel sind stärker als alle anderen Teenager der Welt» (Israelnetz, 30. Mai 2025).
Schulverweigerungen
Am 2. April 2025 thematisierte die Sendung «Rundschau» von SRF die besorgniserregend steigende Anzahl «Schulverweigerungen». Gemäss einem Spezialisten einer psychiatrischen Spitex hat das Phänomen sprunghaft zugenommen. Die Kinder fühlten sich total überfordert und werden durch Angst lahmgelegt, bis hin zu Suizidgedanken. Die Eltern sind verzweifelt. Ein Auslöser war bei einem 12-jährigen Schüler eine Leserechtschreib-Schwäche, die zu totalen Blockaden führte. Die Kinder haben Symptome wie Kopf- und Bauchschmerzen, Übelkeit, Angst vor der Schule und dem Versagen. Eine 13-jährige Schülerin weinte nachts oft, etwa wegen der anstehenden Berufswahl, hatte viel Wut in sich gegen die Schule und Probleme mit Gleichaltrigen kamen dazu. Sie fühlte sich oft ausgeschlossen. Anfang 9. Klasse setzte sie keinen Fuss mehr in die Schule.
IV-Bezüge
Am 21. Mai 2025 machte die «Rundschau» die zunehmenden IV-Bezüger unter 30 Jahren zum Thema. Die Invalidenversicherung gibt unterdessen 886 Millionen Franken jährlich alleine für Aufbautrainings, Brückenangebote und Jobcoachings aus, ein Sechstel der festen Renten insgesamt. Im Jahr 2024 bekamen 7’399 Junge eine IV-Rente wegen psychischer Erkrankungen. Betroffenen ist oft alles zu viel, selbst der Alltag und der Gang aufs WC kann überfordern. Der Psychologe Niklas Baer mit dem Spezialgebiet Arbeitsintegration ist der Meinung, dass den Jungen mehr zugetraut werden müsste: «Wir haben immer mehr behandelte Kranke wegen Alltagsproblemen.» Eine Diagnose heisse noch nicht, dass man nicht mehr arbeiten könne. Es gebe eine Tendenz, den Kindern Probleme wegzuräumen.
Geschwächte Kinder
Dagmar Rösler (Lehrerverband Schweiz) beobachtet, dass Kinder oft nicht mehr so stark und gefestigt seien. Schulische, psychische und familiäre Faktoren spielten eine Rolle. Laut einer Untersuchung sind in Deutschland aktuell 73 % der Jugendlichen psychisch belastet. Die Corona-Zeit mit der Isolation, Homeschooling und familiären Belastungen seien mit ein Grund. Essstörungen bei Mädchen hätten massiv zugenommen. Der Gebrauch von sozialen Medien, dadurch Isolation und eine veränderte Körperwahrnehmung sowie Mobbing könnten dabei eine wichtige Rolle spielen.
Ergänzende persönliche Beurteilung
Eltern arbeiten häufig beide und haben im Alltag wenig Zeit für die Kinder. Es gibt viele zerbrochene Familien. Mit dem Lehrplan 21 müssen die Schülerinnen und Schüler vermehrt individualisiert und eigenverantwortlich lernen. Grundlegendes wird zu wenig geübt. Viele Kinder werden damit überfordert. Im früheren Klassenunterricht fielen Probleme schneller auf. Kinder und Jugendliche brauchen Ermutigung, echte Gemeinschaft und wollen als ganze Person geschätzt werden. Hinzu kommt, dass der christliche Glaube oft keine Bedeutung mehr hat und viele Kinder weder richtigen Lebenssinn noch tragende Werte vermittelt bekommen. Damit werden sie orientierungs- und haltlos, was sie zusätzlich schwächt.
Das erwähnte Gymnasium in Israel betreut Holocaust-Überlebende, damit sie zum Beispiel medizinische Apps auf ihren Smartphones bedienen können. Zitat: «Nach dem 7. Oktober 2023 haben wir die alten Leute noch häufiger besucht. Das tat ihnen gut und uns auch», sagt der Schüler David.